„Warum ich Poetry-Slam scheiße finde“: Das ist der Titel des Textes, mit dem Leonard Schubert die Landesmeisterschaft im Poetry-Slam gewann. Neben seinem Studium der Friedens- und Konfliktforschung an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg schreibt er Geschichten und Gedichte, mit denen er bei Wettbewerben sein Publikum und die Jury überzeugt– mal mit witzigen, urkomisch überspitzen, mal mit ernsten, mal mit kritischen Texten.
Irgendwo in Norwegen kommt die Inspiration
Leonard Schubert schrieb schon seit der Grundschule gern kreative Texte. Seit 2014, als er das erste Mal in Leipzig auftrat, präsentiert er sie auch vor Publikum. In den letzten drei Jahren nahm er regelmäßig an Poetry-Slam-Wettbewerben teil. Viel Zeit, um sich inspirieren zu lassen, hatte er während eines freiwilligen Auslandsjahres in Norwegen, bevor er mit dem Studium anfing. Er arbeitete dort für die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in einem Kindergarten. Anfangs war es für ihn schwierig: „Es war saukalt, alle waren immer drin und ich konnte die Sprache nicht richtig. Ich habe erst später gemerkt, dass ich den Kindern etwas bedeute und ihnen etwas auf ihrem Weg mitgeben kann“, erzählt der 27-Jährige. Kleine Gesten der Kinder und wie sie zeigten, dass er ihnen auch mit Sprachbarriere etwas beibringen kann. Diese Erlebnisse verarbeitet er auch in seinen Texten, wobei Leonard Schubert darauf achtet, dass seine Texte nicht bloße Tagebucheinträge sind, sondern literarischen Anspruch haben.
Einen kurzen Moment fliegen
In seiner Kurzgeschichte „Ein bisschen fliegen“ beispielsweise, erzählt er von einer Begegnung mit einem Mädchen, das ganz fest daran glaubt, fliegen zu können – wenn auch nur für einen kurzen Moment, während sie hochhüpft. „Kinder können so witzig, aber auch ehrlich und direkt, sein“, erzählt Leonard Schubert von seiner Arbeit im Kindergarten, Sie haben einen besonderen Blick auf die Welt, sodass man Dinge, die im Alltag selbstverständlich sind, manchmal neu überdenkt.“
Leonard Schubert bei der Landesmeisterschaft im Poetry Slam (Foto: privat)
In seiner Freizeit probiert der Student die eine oder andere Sportart aus oder schaut Dokumentationen über alle möglichen Themen. „Das kann eine Doku über Hans sein, der seine Leidenschaft für Modelleisenbahnen lebt, genauso wie eine geschichtliche Doku über den 2. Weltkrieg“, sagt Leonard Schubert. Er hat sich außerdem lange für die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste engagiert. Die Organisation setzt sich dafür ein, Brücken zwischen Ländern zu bauen, die sehr unter dem Nationalsozialismus gelitten haben.
Der erste Pokal
Der gebürtige Kölner zog erst nach Leipzig, dann nach Magdeburg. „Ich wollte auch den östlichen Teil Deutschlands mal kennenlernen.“, sagt der Magdeburger Student. Diese Entscheidung hat er bis heute nicht bereut. Es gebe zwar manchmal ein etwas raueres Klima unter den Menschen hier, so erzählt er weiter, aber man lerne mit der Zeit auch das Liebevolle darin zu entdecken und zu schätzen.
Aber warum findet Leonard Schubert denn nun Poetry-Slam eigentlich scheiße? Tut er nicht! In seinem Text spielt er mit den Klischees gängiger Texte des poetischen Wettbewerbs: übertrieben emotionale Gedichte, die an einen Brief an den Therapeuten erinnern, junggebliebene Deutschlehrer im Publikum oder übertrieben anheizende Moderatoren. „Das ist natürlich alles überspitzt und ironisch gemeint“ sagt der Poetry Slamer, „Nicht immer kommt es genauso an, wie beabsichtigt.“ Er hoffe immer darauf, dass die liebevolle Botschaft und seine Wertschätzung für die anderen Slamer verstanden wird, denn er mache sich genauso über sich selbst lustig. „Meistens klappt das auch, aber nicht immer.“
Beim Publikum und bei der Jury sammelte er trotzdem genug Punkte für den Sieg. Es war übrigens das erste Mal, dass er einen richtigen Pokal bekam. „Sonst gab es unter anderem eine Burger King-Krone, einen halben Eierkarton mit einem Mistkäfer oben drauf, einen großen Holzschachturm und klassischerweise sehr viele Kugelschreiber und Sanifair-Gutscheine.“