Universität und Stadt sind ein unschlagbares Team. Beide profitieren voneinander und unterstützen sich in der Entwicklung. Diesen Vorteil sieht auch Oberbürgermeister Dr. Lutz Tümper. Mit der Pressesprecherin der Universität Katharina Vorwerk sprach er darüber, was die Universität für die Stadt und ihn persönlich bedeutet.
Herr Dr. Trümper, wenn Sie heute noch einmal studieren würden, was wäre Ihr Studienfach?
Ich würde auf jeden Fall die Richtung wählen, für die ich mich auch vor 40 Jahren schon entschieden habe; etwas Naturwissenschaftliches wie Physik, Biologie, Chemie so in diesem Bereich. Diese Grundneigung ist mir erhalten geblieben. Ich mache zwar jetzt etwas völlig anderes, aber Dinge, die ich damals gelernt habe wie Analyse, logisches Denken oder Entscheidungen vorbereiten, die nützen mir in vielen Situationen auch heute.
Freuen Sie sich eigentlich uneingeschränkt, Oberbürgermeister einer Universitätsstadt zu sein?
Aber natürlich! Es ist ja völlig klar, dass in einem Land mit nur zwei großen Städten und einer halbgroßen die Städte enorm von Studierenden und Forschenden profitieren. Das kann man vor allem Anfang Oktober beobachten, wenn das Semester startet. Insgesamt 20 000 Studierende verändern die Atmosphäre und das Bild der Landeshauptstadt. Auch Dienstleister, Restaurants oder der Einzelhandel leben vom Zuzug von Studies, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, jungen Doktoranden und allen anderen Universitätsmitarbeitern. Doch es sind darüber hinaus auch die guten Ideen und Impulse, die diese Menschen in die Stadt tragen und mit denen sie uns bereichern. Wenn jemand mit einem anderen Blick auf die Stadt trifft und sich einbringt, dann ist das für Magdeburg wertvoll.
Die Uni ist zwar Landesbetrieb, aber ein wichtiger Teil der kommunalen Infrastruktur. Wie würden Sie das Verhältnis Magdeburg – Universität beschreiben? Ist der Campus im Herzen der Hauptstadt auch im Herzen der Magdeburger?
Ich würde sagen, bei vielen ist das so. Obwohl die Bürgerinnen und Bürger bei der Uni wohl primär an die Studierenden denken oder auch die Vorgängereinrichtungen noch kennen. Und der Beitrag der Universität ist ja auch im Alltag nicht zwingend sichtbar: Die Start-ups, die sich vom Campus aus gründen, sind für die Entwicklung von kreativen und innovativen Wirtschaftszweigen eine wichtige Grundlage. Und wir sind nicht zuletzt wegen der Universität eine Schwarmstadt: Es ziehen also mehr Menschen hierher als weg. Da sind wir natürlich als Hochschulstandort gegenüber kleineren Orten im Vorteil, wir bieten die Infrastruktur – Schulen, Kitas, Kultur, Sportvereine – die junge Leute brauchen.
Neben Forschung und Lehre übernehmen Universitäten und Hochschulen zunehmend Aufgaben im Rahmen der sogenannten Third Mission, der gesellschaftlichen Verpflichtung und Verantwortung gegenüber der Region. Sehen Sie diese Tendenz?
Das glaube ich auf jeden Fall! Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten in wichtigen Gremien mit, präsentieren auf der Langen Nacht der Wissenschaft oder bei der Reihe „Wissenschaft im Rathaus“ ihre Forschung, unterstützen mit Expertenwissen die Kulturhauptstadtbewerbung und so weiter. In unzähligen Vereinen im Kultur- und Sportbereich zum Beispiel engagiert sich die Universität, es gibt die Kinder-Uni, das Seniorenstudium oder studentische Initiativen, die die Stadt und das gesellschaftliche Leben beeinflussen.
Was könnte neben studentischem Engagement, Kinder-Uni und Seniorenstudium die Uni noch für die Landeshauptstadt tun? Wo sehen Sie Reserven, quasi ungehobene Schätze?
Na, wenn man sich als Oberbürgermeister etwas wünschen kann, ist das natürlich, dass wir in der wirtschaftlichen Entwicklung weiterkommen, wir müssen Einnahmen akquirieren, gutbezahlte Arbeitsplätze für hochqualifizierte Fachkräfte haben. Und dazu kann die Uni natürlich beitragen, indem sie sich mit ihren Ideen in die Unternehmen einbringt, sie mit Forschungstransfer unterstützt und Know-how weitergibt. So können neue und innovative Produkte entwickelt werden. Das ist eine wichtige Sache, bei der die Universität einen riesigen Einfluss auf die Entwicklung der Landeshauptstadt hat. Und das ist das A und O, wenn wir da nicht vorankommen und mithalten können, eigene Einnahmen haben, sondern als Geldempfänger anderer Regionen wahrgenommen werden, dann hat man es schwer, junge Leute aus aller Herren Länder in die Stadt zu ziehen. Und da meine ich jetzt nicht nur die, die zum Studium aus Indien oder China herkommen, sondern auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Da müssen wir uns weiterbewegen und Angebote machen können, Kooperationen und Netzwerke zur Verfügung stellen. Ein gutes Beispiel ist in meinen Augen der Forschungscampus STIMULATE aus der Uni, wo mit großen Firmen zusammengearbeitet wird, von denen dann auch wieder kleinere regionale Unternehmen profitieren. Das ist schon eine Situation, die sehr wertvoll ist, wenn die Uni das weiterhin ausstrahlt.
Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper (Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)
Magdeburg ist Mitglied im europäischen Netzwerk der Unistädte UNIVERSITIES. Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich aus diesen Partnerschaften?
Im Gegensatz zu dem Netzwerk zwischen Uni und Stadt Magdeburg ist das ein Zusammenschluss von Universitätsstädten, um sich abzustimmen und gemeinsam etwas zu überlegen: Nämlich, was ist es eigentlich, was die Universitäten konkret für die Städte leisten können? Welche Ideen haben andere Hochschulen in Europa? Da kann man viel voneinander lernen. Wie hole ich junge Leute in die Stadt, welche Angebote muss ich vorhalten, wie muss die Willkommenskultur aufgestellt werden, damit wir sichtbar sind?
Jeder 4. Student der OVGU ist ein internationaler, wie verändern sie Magdeburg und was unternimmt die Stadt, sie zu integrieren?
Klar, diese Bürgerinnen und Bürger sorgen für internationales Flair in der Stadt. Die Vielfalt ist – denke ich – für jeden wahrnehmbar. In den zurückliegenden 5 Jahren hat sich der Anteil der ausländischen Mitbürger von 3 auf 10 Prozent erhöht. Wir können natürlich nicht erwarten, dass – gerade von den Studierenden – alle hierbleiben. Aber ein Teil sollte gern hierbleiben und das hier erworbene Wissen einsetzen, um die Region voranzubringen. Nur ausbilden und dann gehen alle wieder weg, ist auf Dauer nicht der richtige Weg. Wir wollen das unterstützen, aber das stellt auch die Stadt vor Herausforderungen. Wir haben in den Behörden und Verwaltungen natürlich einen höheren Personalbedarf bei der Betreuung der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Auf der anderen Seite bereichern die Menschen aus aller Welt die Stadt, es ist also ein Geben und Nehmen und wir müssen sehen, dass wir bei allem das richtige Maß finden. Beim Kampf um die besten Köpfe stehen wir in einem großen Wettbewerb und dabei müssen wir auch klar unsere Ansprüche formulieren und ihnen auch gerecht werden.
Würden Sie selber „Studieren ab 50“ nutzen und was würde Sie besonders interessieren?
Bei meinem Job geht das ja eher nicht. Aber, wenn ich die Woche noch 2 bis 3 Stunden Zeit hätte, würde ich gern noch etwas dazulernen, neue Sprachen, Kulturen, im Moment kommt das leider für mich nicht in Frage.
Wie sieht die Universitätsstadt Magdeburg 2030 aus?
Ich bin davon überzeugt, dass wir uns insgesamt gut weiterentwickeln. Wir wollen eine Stadt sein, die viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anzieht, die viele Studierende hat, weniger Arbeitslose, neue innovative Unternehmen, die auch gute Gehälter zahlen können und wir mit Städten wie Nürnberg oder Hannover, die auf unserer Ebene agieren, konkurrieren können. Wir müssen es hinbekommen, dass wir uns einen Namen verschaffen, ein Image entwickeln. Es wäre mein Wunsch, dass wir das hinbekämen, aber, um auf Ihre Frage zurückzukommen: Dazu haben wir ja noch 10 Jahre Zeit.
Herr Dr. Trümper, vielen herzlichen Dank für das Gespräch!