Wenn Luisa Hillig und Sabrina Gaense über ihr Kinderbuch und das Niederdeutsche sprechen, dann sieht man ihnen an, dass ihnen dieses Projekt am Herzen liegt und sie stolz auf das sind, was sie geschaffen haben und das können sie auch sein. Denn dass das Buch „Tic Toc lehrt uns de Klock“ jetzt wirklich vor ihnen liegt, hat viel Nerven und vor allem auch viel Zeit gekostet und nicht nur die beiden haben daran gearbeitet, sondern auch Vanessa Schumann, Elena Gravcevska und Celine Meyer. Alle studieren Lehramt an allgemeinbildenden Schulen in den Fächern Mathematik und Deutsch, also alle fünf sind angehende Lehrerinnen. Im Rahmen des Seminars „Kindlicher Spracherwerb Niederdeutsch“ war es ihre Teamaufgabe, ein Projekt zu entwickeln, das die niederdeutsche Sprache unter Kindern fördert. Aus der Aufforderung ihrer Dozentin Dr. Saskia Luther von der Arbeitsstelle Niederdeutsch: „Lasst euch etwas einfallen“, entstand schließlich die Idee, ein Buch für Grundschulkinder zu entwickeln, mit denen sie die Uhrzeiten lernen können. „Ich bin tatsächlich damals mit so einem Uhrenbuch großgeworden. Damals waren es Wichtel, die mich auf Hochdeutsch durch das Buch führten. Das ist mir allerdings so im Gedächtnis geblieben, weil es so toll funktioniert hat. Man konnte es zum Lernen anfassen und du konntest selbst mitmachen. Dann habe ich den Mädels alles erzählt und die sagten: ‚Mensch, das ist ne geile Idee!‘. Was natürlich für uns als angehende Lehrkräfte super ist, da es für die Grundschule gedacht ist und man zusammen mit den Kindern daran arbeiten kann. Das ist das, was wir eigentlich unser Lebtag machen möchten“, erzählt Sabrina lachend. Also gesagt, getan: Es entstand das Buch „Tic Toc lehrt uns de Klock“, in dem die Kinder die kleine Uhr Tic Toc durch seinen Tag begleiten: Vom Zähne putzen, über den Besuch in die Schule bis hin zum ins Bett gehen. So lernen sie nicht nur Uhrzeiten, Wochentage, Jahreszeiten und Monate, sondern gleichzeitig und spielerisch auch das Niederdeutsche.
Allerdings war der Prozess von der Idee zum fertigen Buch sehr lang. Nachdem sie sich die Geschichte überlegt hatten, ging es an die Umsetzung. Aber wie die eigene Vorstellung wirklich zu einem Buch zusammenbringen? Der Weg führte in die Werkstatt von Sabrinas Schwiegervater: „Angefangen haben wir mit Papier, das haben wir zusammengefaltet und getackert. Dann kamen wir vom Blatt zum Holz, mein Schwiegerpapa ist Tischler, er hat eine eigene Werkstatt. Glücklicherweise war das ganz praktisch. Dann sind wir dort zu fünft hin und haben gewerkelt, anschließend bei mir noch fertig gebastelt und laminiert.“ Außerdem brauchten die 5 Studentinnen auch jemanden, der ihnen ihre Geschichte, noch auf Hochdeutsch, ins Platt übersetzen konnte. „Frau Dr. Luther hat uns eine nette Dame vermittelt, aber da kamen wir auch schnell an unsere Grenzen, denn sie meinte: ‚Ich kann das schnacken, aber wie ich das schreiben muss, dat weß ich net‘“, erzählt Sabrina. Aber auch das hat am Ende geklappt und die Geschichte auf Platt stand. Danach waren aber noch die Grafik und Zeichnungen dran. „Da machte uns Corona einen Strich durch die Rechnung, das war ein bisschen schwierig, weil man sich nicht so leicht mit dem Grafiker und dem Zeichner zusammensetzen konnte. Der Grafiker hat dann immer etwas fertiggestellt, mir geschickt, dann habe ich das an alle weitergeleitet, anschließend wieder mit Änderungswünschen zurückgeschickt“, beschreibt Luisa.
Und dann kam eine der größten Herausforderungen: Druckerei finden! „Es gibt in Deutschland nur eine Druckerei, die solche Pappbücher herstellt, diese ist in Sachsen. Da konnte man nicht mal eben hinfahren, also haben wir nur über Telefon und E-Mail kommuniziert“, erzählt Luisa. Sabrina fügt hinzu: „Und dann hatten sie leider die Vorstellung, dass wir total Ahnung davon haben, was nun leider gar nicht der Fall war. Beispielsweise mit dem Format und dem Layout. Wir saßen da und hatten gar keine Ahnung davon. Wir haben uns dann versucht, es uns zurecht zu basteln. Es hat geklappt! Im September waren wir endlich fertig.“ Gesponsert wurde das Ganze vom Landesheimatbund, weswegen 160 Exemplare tatsächlich gedruckt werden konnten. Die ersten begeisterten Abnehmer sind auch schon gefunden, unter anderem eine Grundschule in Gardelegen und auch eine in Magdeburg.
Auch sonst hat das Projekt den beiden Studentinnen viel gebracht, sie haben eindeutig ihre Liebe zum Niederdeutschen entdeckt, an der sie auch festhalten wollen. Sogar ihre Bachelorarbeit haben sie über das Niederdeutsche geschrieben. Am Ende können sie sich sogar vorstellen, Niederdeutsch zusätzlich als Drittfach zu unterrichten, sollte dies möglich sein. Denn: „Das Niederdeutsche ist es definitiv wert, gerettet und gefördert zu werden. Es kann funktionieren. Wir müssen da nur Arbeit investieren, damit es auch wirklich klappt, weil es schade wäre, wenn es stirbt. Wir können alles dafür tun, dass es nicht dazu kommt“, meint Sabrina abschließend.