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22.08.2022 aus 
Forschung + Transfer
Magdeburg muss sich nicht verstecken!

Prof. Dr. Frank Ortmeier von der Fakultät für Informatik forscht nicht nur an der Uni, sondern ist außerdem Geschäftsführer des regionalen Unternehmens bridgefield, das im Moment den bridgefield-Award für Informatik-Absolvent*innen aus Sachsen-Anhalt ausschreibt. Im Interview spricht er über seine zweigeteilte Arbeit, über die Vorteile, warum die Wahl auf Magdeburg fiel und warum es ihm wichtig ist Nachwuchs zu fördern.

Prof. Ortmeier vor dem Gebäude der Fakultät für Informatik (c) Jana Dünnhaupt Uni MagdeburgProf. Dr. Frank Ortmeier (Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)

Herr Prof. Ortmeier, Sie sind an der Fakultät für Informatik tätig: Woran genau arbeiten und forschen Sie denn?

Das Ziel unserer Forschung richtet sich an der Achse "build-the-software right und build-the-right-software" aus. Also, wie baut man Software die zu 100% zuverlässig ist und beispielsweise in Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden kann, zum Beispiel in aktuellen Kooperationsprojekten untersuchen wir einen Teil der Flugzeugcomputer des ersten wasserstoffgetriebenen, CO2-neutralen Verkehrsflugzeugs der Welt für Airbus. Der zweite Teil fokussiert darauf, wie man echte pervasive Assistenzsysteme baut, also zum Beispiel in einem aktuellen Projekt, wie man eine Smart Glass derart baut, dass sie uns ohne jegliche Infrastruktur beim Einkaufen im Supermarkt immer zeigt, wo die Produkte unserer Einkaufsliste oder fehlende Produkte im unserem Kühlschrank stehen.

Neben Ihrer Tätigkeit an der Uni sind sie außerdem an dem Unternehmen bridgefield beteiligt, was genau ist da Ihre Aufgabe?

Offiziell bin ich Geschäftsführer bei bridgefield. Inhaltlich ist es aber eher so, dass ich meine wissenschaftliche Kompetenz einbringe bei der Lösung industrieller Fragen. Genauso häufig führen aber auch solche Fragen zu neuen wissenschaftlichen Fragen. So konnten wir über diesen Kanal beispielsweise ein Projekt für die Uni gewinnen, in dem wir gemeinsam mit Siemens und einem großen Industriekonsortium Methoden entwickeln, die eine Zertifizierung von KI-Verfahren für das Eisenbahnwesen erlauben. Am Projektende soll (in einem bestimmten Geschwindigkeitsbereich) ein zertifizierbarer und zulassbarer führerloser Schienennahverkehr möglich sein.

Was macht die Firma überhaupt?

Getreu dem Firmenmotto „challenge what’s possible“, baut bridgefield Software, die sich andere Unternehmen nicht zu trauen oder als zu komplex erachten. Kundinnen und Kunden sind dabei vorwiegend große Konzerne mit einem Fokus auf KI, Datenerfassung und Sicherheit.

Wie kam es dazu, dass Sie sich neben der akademischen Arbeit auch bei einem Unternehmen zu engagieren?

Kurz vor meiner Midlife-Crisis, habe ich mich gefragt, was ich denn noch erreichen will. Meine persönliche Antwort darauf war: Ich möchte zumindest einige meiner Forschungsergebnisse soweit bringen, dass Sie ohne einen Euro öffentliche Förderung weiterentwickelt werden. Das Mittel dazu ist ein Spin-Off, das ich übrigens ja nicht alleine gegründet habe.

Inwiefern ist das überhaupt möglich? Gibt es da keine gesetzlichen Hürden oder ähnliches?

Natürlich, zentral ist, dass man seine Tätigkeiten und Arbeitszeiten sehr genau trennt und auch darauf fokussiert, dass der erlaubte Rahmen nicht überschritten wird. Zusätzlich sind die Tätigkeiten anzeigepflichtig.

Was genau wollen Sie mit bridgefield erreichen?

Mittelfristig möchte ich, dass bridgefield durch seine Mitarbeitenden und Mitarbeitendenkultur zeigt, wie eine Kombination aus Arbeiten, sozialem Leben und komplexen Herausforderungen ein vertrauensvolles, gemeinsames Wirken ermöglicht.

Warum haben Sie sich dazu entschieden in Magdeburg zu gründen und nicht beispielsweise in Berlin?

In Berlin wäre Personalakquise zwar einfacher, aber die enge Anbindung an die Uni und auch die Forschung wäre schwer realisierbar gewesen.

Gibt es Vorteile für die Uni oder ihre Tätigkeit an der Uni, durch ihre Arbeit bei bridgefield?

Natürlich! Durch bridgefield fällt es uns beispielsweise viel einfacher Daten für Promotionsverfahren zu generieren, zum Beispiel beschäftigt sich eine Promotion am Lehrstuhl damit, wie man eine KI für Code Reviews trainieren kann. Die notwendigen Trainings- und Evaluierungsdatensätze generieren wir aus Entwicklerteams bei bridgefield. Das erfordert viel Vertrauen, da ein Unternehmen davon ja erst einmal absolut nichts hat. Das ist natürlich bei einem SpinOff viel einfacher.

junge Frau programmiert einen Roboter (c) shutterstock NDAB CreativityInformatik-Absolvent*innen können sich bis zum 30.9.2022 für den Bridgefield Award bewerben. (Foto: Shutterstock / NDAB Creativity)

Dieses Jahr schreibt bridgfield zum ersten Mal den „Bridgefield Award“ aus, wie genau kam es zu der Idee?

Immer wenn ich als „Externer“ Magdeburger über sich und Sachsen-Anhalt erzählen höre, hört sich das oft kleinlaut und entschuldigend an. Das gilt für Land, Stadt und Umfeld. Als gebürtiger Bayer kann ich aber sagen, es gibt hier viele Aspekte, die keinen Vergleich mit dem Süden scheuen müssen und sogar besser sind. Das betrifft natürlich Wohnraum, Lebenshaltungskosten und Kinderbetreuung. Aber genauso auch (universitäre) Ausbildung. Informatik an der OVGU ist in CHE-Rankings immer auf den Top-Plätzen, wir haben das größte SAP-Schulungszentrum der Welt und in Burg Giebichenstein hervorrangende UIX Ausbildung. Das ist aber nicht sichtbar. Darum der bridgefield award. Er soll sichtbar machen, was wir im Bereich Informatikausbildung leisten und auch den Studierenden eine Plattform geben für sich und Ihre Region zu werben.

Wer kann sich für den Award, bis wann und unter welchen Bedingungen bewerben?

Alle Absolvent*innen aus Sachsen-Anhalt, die eine Abschlussarbeit im Kontext von Software Engineering oder Digitalisierung geschrieben haben. Voraussetzung ist, dass die Arbeit im Zeitraum zwischen 1. Januar 2021 und 30. September 2022 an einer Universität oder Hochschule in Sachsen-Anhalt verteidigt wurde. Bis zum 30. September können sich Absolventinnen und Absolventen bewerben. Der 1. Platz bekommt 4.000 Euro Preisgeld. Zusätzlich erhalten die drei Erst-Platzierten ein individuelles Persönlichkeits-, Agilitäts- und Projektmanagement-Coaching im Wert von 3.000 Euro.

Warum ist es Ihnen wichtig den Nachwuchs zu fördern?

Na, ich will doch auch mal Pension bekommen *lacht*. Aber im Ernst, ich freue mich einfach darüber jungen Menschen zu helfen ihr Potential zu entwickeln und auch manchmal zu sehen, wie diese einen selbst nach der Promotion „überflügeln“.

Sind sie auf der Suche nach Praktikant*innen oder Fachkräften aus der Uni?

Aber klaro! Immer!