In ihrer Heimat ist seit vielen Monaten Krieg, doch sie möchten studieren - aus der Ukraine geflüchtete Abiturientinnen und Abiturienten. Um ihnen das zu ermöglichen, bietet die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg in Zusammenarbeit mit der Nationalen Technischen Universität in Charkiw seit letztem Wintersemester ein Studienprogramm für Bachelor mit doppeltem Abschluss an. Das vergangene Jahr haben die ukrainischen Studenten online in Charkiw studiert und fleißig Deutsch gelernt. Zu Beginn dieses Wintersemesters sind sie in Magdeburg angekommen, um ihr Studium hier in Präsenz in einem der Bachelorstudiengänge wie Elektrotechnik, Maschinenbau, Elektromobilität oder Chemieingenieurwesen fortzusetzen.
„Das Programm ist sehr gut angelaufen“, sagt Prof. Martin Wolter, der das Programm gemeinsam mit Dr. Denys Meshov von der NTU Charkiw auf den Weg brachte und Leiter des Instituts für Elektrische Energiesysteme der Uni Magdeburg ist. „Am Ende haben sich rund 40 Studierende in den drei Ingenieurfakultäten der Uni Magdeburg eingeschrieben. Sie studieren ganz regulär gemeinsam mit ihren deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen in den angebotenen Bachelorstudiengängen. Parallel dazu verbessern sie ihre Deutschkenntnisse“.
Die ukrainischen Studierenden werden ihren Bachelor in Magdeburg absolvieren und können, sobald sie das entsprechende Sprachniveau erreicht haben, auch ihren Master an der Uni Magdeburg ablegen. Da die hier erbrachten Prüfungsleistungen auch in Charkiw anerkannt werden, steht es den Studierenden frei, alternativ das Studium dort zum Master fortzuführen. Am Ende des Studiums können sich die Studierenden über zwei Bachelorabschlüsse freuen – einen von der Uni Magdeburg und einen von der Uni Charkiw.
Vortrag von Prof. Martin Wolter bei der Willkommensveranstaltung für Ukrainische Flüchtlinge (Foto: Hannah Theile / Uni Magdeburg)
Damit sich die jungen Menschen an der Uni schnell einleben und in der fremden Stadt wohlfühlen, bekommen sie besondere Unterstützung. „Neben dem neuaufgelegten Studienprogramm für den Bachelor gibt es schon länger das ursprüngliche DSG-Programm mit Doppelabschluss für Masterstudierende. In dem Zuge wurde auch ein Büro eingerichtet, in dem Vertreter der beteiligten Fakultäten als administrative Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Zudem gibt es ein Mentoren-Programm, d. h. ukrainische Masterstudierende höherer Semester unterstützen die Bachelorstudierenden beim Einleben und im Alltag. Für die Zukunft ist auch ein Buddy-Programm mit deutschen Studierenden geplant“, so Prof. Wolter.
Der Koordinator des DSG2-Programms von der NTU Charkiw, Dr. Denys Meshkov, stellt fest, "die Einführung eines Doppelabschlussprogramms für unsere Universitäten ist nicht nur ein weiterer vielversprechender Bereich unserer langfristigen Zusammenarbeit, sondern eine umfassende Lösung zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge während des Krieges. Unser Projekt ermöglicht es aktiven, zielstrebigen und motivierten Studenten, so schnell wie möglich ein Studium an einer deutschen Universität aufzunehmen. Das Studium erfolgt in auf dem Arbeitsmarkt dringend nachgefragten Fachrichtungen, was für die Studierenden einen zusätzlichen Anreiz darstellt. Und schon jetzt können wir feststellen, dass die erfolgreiche Durchführung des DSG2-Projekts im Jahr 2022 zu einem deutlich gestiegenen Interesse von Bewerbern für unser gemeinsames Programm im Jahr 2023 geführt hat".
Auch in Zukunft soll das Studienprogramm fortgeführt werden, da das Interesse ungebrochen sei. „Die Anmeldezahlen für das erste Studienjahr in Charkiw liegen knapp unter 200, d. h. das Interesse an dem Programm ist noch weiter gestiegen“, sagt Prof. Wolter. Eine Dauerlösung werde das Programm allerdings nicht sein, denn es diene laut Prof. Wolter zunächst zur Überbrückung der Kriegssituation. „Sobald in Charkiw wieder regulärer Uni-Betrieb möglich ist, wollen wir das Programm in ein ausgewogeneres Doppeldiplom überführen, bei dem die Studierenden den Großteil der Vorlesung an ihrer Heimatuniversität hören“.
Weiterführende Informationen auf Ukrainisch zum Studienprogramm, finden Interessierte auf der Homepage der Uni Charkiw.