Online Veranstaltungen, leere Mensa und Bibliothek: Während der Corona-Pandemie mussten Studierende primär vor dem heimischen Bildschirm lernen. Doch das beeinflusste nicht nur die Prüfungsleistungen, sondern auch das studentische Leben außerhalb der Hörsäle. Marcel Böge und Lukas Heydick studieren an der Universität Magdeburg und haben die letzten Semester ähnlich, aber dennoch sehr unterschiedlich erlebt. Wie es für die beiden war, haben sie uns berichtet.
Margo Blumenthal führte das Interview mit Marcel Böge und Lukas Heydick via Zoom
Das Neue “Normal”
Die ersten neun Monate der Pandemie konnte Lukas Heydick, Student im Master Sicherheit und Gefahrenabwehr, durchaus etwas Positives abgewinnen. „Ich habe meine Bachelorarbeit geschrieben und nebenbei an den anderen Vorlesungen teilnehmen können. Das war praktisch”, erzählt er. Lukas engagiert sich in der Fachschaft seiner Fakultät und bereitet dort zum Beispiel die Einführungstage der Erstsemesterstudierenden vor. „Zu Beginn des Wintersemesters haben wir die Lockerungen in Sachsen-Anhalt genutzt und eine echt gelungene Ersti-Woche organisiert”, so Lukas. Doch bereits kurz danach mussten die Lockerungen zurückgenommen werden.
Die größte Umstellung war für Lukas das Lernen für Prüfungen in den eigenen vier Wände: „Ich bin seit Anfang meines Studiums immer in die Bibliothek gegangen. Auch studiengangsintern treffen wir uns normalerweise regelmäßig zum Lernen. Über Zoom ist das schon eine große Umstellung, da ist es eben nicht möglich mal schnell mal nach links zu sehen und zu gucken was ein anderer dort geschrieben hat.“ Auch die Prüfungsphasen veränderten sich grundlegend. Plötzlich war das eigene Zimmer der Hörsaal. „Es ist schon komisch, wenn zur Klausur einfach nur der Laptop auf- und zugeklappt wird. Die gemeinsame Entspannung kurz vor der Klausur mit Freunden und das Anstoßen danach fehlt definitiv”, berichtet Lukas. Trotzdem sind seine Prüfungsergebnisse besser ausgefallen als sonst. Die aufgezeichneten Vorlesungsvideos waren ihm dabei eine große Hilfe. „So konnte ich immer wieder zurückspulen, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Das war ein großer Gewinn”, fasst der Masterstudent zusammen.
Videokonferenz, Fluch oder Segen?
Videokonferenzen, die gehören seit der Pandemie zu unserem Alltag und das nicht nur im Studium, sondern auch im Arbeitsleben und das hat manchmal nicht nur Nachteile: Lukas Heydick arbeitet neben seinem Studium in einem Ingenieurbüro in Magdeburg, wo er regelmäßig Kundentermine außerhalb der Landeshauptstadt wahrnimmt. „Auf einmal war es möglich einen Kundentermin per Zoom abzuhalten. Das war schon ganz cool! So wurde nicht nur Zeit, sondern auch Geld gespart“, erzählt er. Marcel schließt sich dem an: „Durch die Videokonferenzen konnte ich bei sehr vielen verschiedenen Termine dabei sein, was vorher gar nicht möglich gewesen wäre. Theoretisch könnte jemand in den portugiesischen Bergen sitzen und von dort aus alles erledigen. Das ist natürlich ein interessanter Aspekt für die Zukunft”, erzählt er. Was aber beiden Studenten fehlt, ist der Austausch bei einem Getränk nach einer Lehrveranstaltung. „In einer Zoom-Sitzung kann sich zwar ausgetauscht werden, aber die Projektideen entstehen meistens danach. Der Austausch über die Webcam ist einfach nicht vergleichbar mit einem persönlichen Gespräch”, fügt Lukas an.
Marcel Böge studiert Wirtschaftsingenieur Maschinenbau und absolvierte im letzten Jahr ein freiwilliges Auslandspraktikum als Globaler Netzwerkmanager bei der Love Foundation Amsterdam, welche mit dem Erlös ihrer Projekte WASH-Projekte (Wasser, Sanitär und Hygiene) auf der ganzen Welt unterstützt. Vor der Pandemie reiste Marcel im Rahmen seines Praktikums durch verschiedene Länder Europas. Mit dem Lockdown landete er im Homeoffice, was er aber auch als Chance sah, so konnte er gleichzeitig auch Online-Vorlesungen besuchen. Doch im Sommer tauchten die ersten Probleme auf: „Es war lange unklar, ob ich noch weiter finanzielle Unterstützung erhalte oder nicht. Auch einen anderen Job in der Pandemie zu finden, war sehr schwierig. Diese finanziellen Unsicherheiten haben mich die letzten Monate begleitet”, so der Student.
Eine Zeit der Selbstreflektion und Veränderung
Am meisten vermissen die beiden Studierenden den Austausch mit ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen auf dem Campus. Sei es der Kaffee vor der Vorlesung, das gemeinsame Mittagsessen, oder das Bier nach der Klausur. So wirbelte Corona auch ihren Alltag hin und wieder durcheinander. „Weil es keinen triftigen Grund gibt für die aufgezeichneten Videos früh aufzustehen, bin ich oft auch mal länger im Bett liegen geblieben. Den normalen Tagesablauf gab es nicht mehr. Das Ausschlafen war zwar cool, aber sonst hat mir der ungeregelte Tagesablauf nicht gefallen”, resümiert Lukas.
Während Lukas das Laufen für sich entdeckt hat und dies auch zukünftig intensivieren möchte, hat Marcel während des Praktikums herausgefunden, was er nach dem Studium machen möchte: Sich in seiner Berufslaufbahn für einen guten Zweck einsetzen, also für den Bereich des Social Business und den Impact-Sektor und dies ab sofort vorantreiben. Seit Corona kann sich der 29-jährige auch nicht mehr vorstellen Vollzeit an einem einzigen Arbeitsstandort gebunden zu sein. „Ich bin jetzt schon ein großer Verfechter von Remote Work, ich könnte es mir irgendwie gar nicht mehr vorstellen jeden Tag an die gleiche Wand zu gucken”, stellt Marcel fest.
Was kommt nach der Pandemie?
Ein Fazit der Corona-Pandemie kann zwar noch nicht gezogen werden, doch einige Wünsche für die Zukunft haben die beiden Studenten bereits jetzt. Marcel wünscht sich, dass vor allem in der Anfangszeit des Studiums Vorlesungen online veröffentlicht werden. „Gerade zu Beginn des Studiums sind die Hörsäle meistens sehr voll. Dann ist eine zusätzliche Aufzeichnung als Video und eine hybride Veranstaltung eine ziemlich gute Sache”, findet er. Ganz im Gegensatz zu Lukas: „Ich glaube am Anfang ist es wichtig in die Vorlesung zu gehen, um Kontakte zu knüpfen und den Anschluss zu finden. Jetzt, nach drei Jahren Uni, ist es schon ganz cool einige Vorlesungen auch online zu haben.“