Seit ihrer Berufung an die Uni Magdeburg im Jahr 2016 leitet Professor Anne Dudeck die Arbeitsgruppe Immunregulation am Institut für molekulare und klinische Immunologie der Medizinischen Fakultät. Hier erforscht die Immunologin zusammen mit ihrem Team aus engagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vor allem die Rolle einer Immunzellsorte, von der viele Laien vermutlich noch nie etwas gehört haben: der Mastzellen.
Für Prof. Anne Dudeck sind die Mastzellen in unserem Körper wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde: Auf der einen Seite lösen sie die typischen Reaktionen bei einer Allergie aus und können sogar einen anaphylaktischen Schock auslösen, der zum Tod führen kann. Auf der anderen Seiten unterstützen sie unser Immunsystem und wehren Bakterien ab. Mit ihrer Forschung will die junge Wissenschaftlerin die genaue Funktionsweise der Zellen entschlüsseln und dadurch Therapien entwickeln.
Mastzellen regulieren entzündliche Reaktionen des Immunsystems, um Krankheitserreger bekämpfen zu können. Gemeinsam mit den neutrophilen Granulozyten gehören sie zur Gruppe der weißen Blutkörperchen und sind entscheidend für die Immunabwehr des Körpers. Mastzellen hatten lange einen eher schlechten Ruf, da sie die Schlüsselzellen unerwünschter allergischer Reaktionen sind. Die Freisetzung von Histamin durch Mastzellen verursacht die bekannten Symptome unter denen Allergiker leiden: Schnupfen, Juckreiz, Hautquaddeln oder sogar Atemnot. Aber das ist eben nur die eine Seite der Medaille. Denn Mastzellen haben auch wichtige aber bisher weniger erforschte Aufgaben. Sie sind gewebeständige Wächterzellen, die auf Krankheitserreger und Gewebeschäden – beispielsweise eine Schnittwunde in der Haut - reagieren und zusätzliche Immunzellen herbeirufen. Dadurch sind sie essentiell für die schnelle und effektive Immunabwehr von Krankheitserregern. Denn sie dirigieren zum einen Zellen der angeborenen Immunantwort, wie Neutrophile, an den Ort der Entzündung, sie können zum anderen aber auch Zellen der adaptiven Immunantwort, wie T-Zellen, beeinflussen.
Eine entscheidende Frage bei diesen Vorgängen ist, wie die Zellen dabei untereinander kommunizieren; wie teilt eine Mastzelle einem neutrophilen Granulozyten mit, dass Gefahr im Verzug ist, und er herbeieilen muss? Mit dieser „Sprache der Immunzellen“, die sowohl über Distanz durch lösliche Botenstoffe als auch durch eine direkte Berührung und Interaktion zwischen zwei Zellen stattfinden kann, beschäftigt sich die Forschungsgruppe Immunregulation.
Hoffnung für Allergiker
Dabei nutzen die Magdeburger Forscher:innen vor allem die innovative Technik der hochauflösenden 2-Photonen-Mikroskopie. In faszinierenden Aufnahmen können sie so den Zellen der Immunabwehr im Verlauf einer Entzündungsreaktion in Echtzeit bei der Arbeit zusehen und so die Vorgänge von den Immunabwehrprozessen bis hin zur Regeneration des Gewebes verfolgen. Die gute Ausstattung des Standorts Magdeburg in dieser Hinsicht war einer der Gründe dafür, dass die junge Forscherin den Ruf nach Magdeburg angenommen hat.
Prof. Dudeck schaut sich mit einem Kollegen eine Mikroskopaufnahme von Mastzellen an (Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)
Und fragt man sie nach der Bedeutung ihrer Forschungsarbeiten erklärt Dudeck: „Ein kürzlich veröffentlichtes Ergebnis unserer Arbeit zeigt beispielsweise, dass Mastzellen einen Botenstoff aus ihren Granula – kleinen Speichern im Inneren der Zellen – direkt in den Blutstrom abgeben können. Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass auch lokal eintretende Allergene zu einem systemischen anaphylaktischen Schock führen können. Wenn wir den genauen Mechanismus entschlüsseln, wie die Mastzellen ihre Botenstoffe direkt ins Blut abgeben, kann man zum einen gezielte Therapieansätze entwickeln, um Schocksymptome oder Zytokinsturm-Syndrome zu verhindern. Und auch viele Allergiker können bislang höchstens ihre Symptome mildern und warten dringend auf zielgerichtete, effiziente Therapien. Zum anderen kann man aber auch Therapien entwickeln, die die Fähigkeit der Mastzellen ausnutzen, bei Infektionen die Immunantwort, vor allem die Rekrutierung von Neutrophilen absichtlich zu fördern.“