Wie bringt man zusammen, was zusammengehört, aber noch keine Berührungspunkte hat? Eine Frage, die sich auch Dr. Carsten Thoms gemeinsam mit dem Rektor Prof. Jens Strackeljan gestellt und – so viel sei verraten – erfolgreich beantwortet hat. Als Leiter unseres Strategischen Forschungsmanagements hat er einen hervorragenden Überblick darüber, woran in den Laboren und Arbeitsgruppen unserer Uni geforscht wird. Um die immer komplexer werdenden Herausforderungen der Menschheit lösen zu können, müssen die Türen der Universität aber offen sein für außergewöhnliche Zusammenarbeiten: „Große Herausforderungen können nur bewältigt werden, wenn wir an einem Strang ziehen“, weiß Dr. Thoms und plädiert dafür, aus gewohnten Strukturen auszubrechen: „Wir müssenunsere Forschungsstärken zusammenbringen und mit gebündelter Kraft – besonders auch in unkonventionellen, standortspezifischen Konstellationen – zu neuen, in der Wissenschaftslandschaft einzigartigen Lösungen gelangen.“ Und damit genau das passieren kann, hat der studierte Biologe an unserer Uni die Round Tables ins Leben gerufen.
Hier kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich im Alltag zu selten über den Weg laufen, zusammen und schauen, wie sich ihre Forschungsarbeiten zu gemeinsamen Konzepten, Zukunftsvisionen und Projekten ergänzen. Auch andere Forschungseinrichtungen oder Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft nehmen regelmäßig an den Austauschrunden teil. „Die Round Tables sind nur ein erster, aber recht wirkungsvoller Schritt auf dem Weg zu einer strategischeren Herangehensweise, zu struktur- und disziplinübergreifenden Forschungsverbünden“, erklärt Dr. Thoms. „Auch größere Player in der deutschen Wissenschaftslandschaft forschen wie wir an Themen wie Künstliche Intelligenz oder Mobilität und sind bei Fördergebern oder Gutachtern oft bekannter. In einer Stadt der kurzen Wege, wie Magdeburg, können wir aber außergewöhnliche Konstellationen wissenschaftlicher Expertisen zusammenbringen und dadurch zu den großen Zukunftsthemen wichtige Beiträge leisten – zugunsten von starken Alleinstellungsmerkmalen unserer Uni und der Region.“ Über Disziplinen hinweg werden so Konzepte erarbeitet und bedeutsame Forschungsziele gesetzt, mit denen die OVGU zukünftig auch in hochrangigen Wissenschaftsprogrammen wie der bundesweiten Exzellenzstrategie punkten will – zum Beispiel auch durch neue Forschungszentren und Profilbereiche.
Am Anfang treffen sich erst einmal kleine Runden, damit sich auch wirklich alle Beteiligten richtig kennenlernen und intensiv austauschen können. „Da müssen wir immer genau schauen, wer einen großen Überblick hat, die unterschiedlichen Perspektiven mitdenkt und Schnittstellen zu weiteren Kolleginnen und Kollegen aktiv herstellen möchte.“ Das sei gar nicht so einfach, denn „wir wollen die gesamte Uni mitdenken, können aber erst einmal nicht alle einladen.“ Mit der Zeit sollen die kleinen Runden zu selbstständigen Strategiebündnissen aus engagierten Expertinnen und Experten wachsen, in die zunehmend Partnerinnen und Partner innerhalb und außerhalb der Uni einbezogen werden. „Exemplarisch für diesen Gedanken ist unser Forschungsverbund Intelligenter Mobilitäts- raum“, führt Dr. Thoms ein Paradebeispiel der Round Tables an. „Hier haben wir Wissenschaftsperspektiven aus fast allen OVGU-Fakultäten zusammengebracht – gemeinsam entwickeln sie ganzheitlich gedachte Mobilitätssysteme und neue Konzepte zum Beispiel für das strukturschwache Umfeld von Magdeburg, um Wohnen auf dem Land wieder attraktiv zu machen.“
Der Forschungsstratege sieht sich selbst als beratendes Mitglied und die Round Tables als erste Plattform, um Dialoge über Grenzen hinweg zu initiieren. Dafür stößt einerseits das Rektorat Themen an, die aus aktuellen Entwicklungen in der Wissenschaftslandschaft resultieren und zu denen die Uni sich positionieren muss. „Und das können wir nur, wenn wir wissen, was wir in diesen Bereichen machen, wo es besondere Stärken gibt – und auch, wo die OVGU teils noch aufholen muss“, erklärt Dr. Thoms. „Erst dann können wir Lösungen für drängende Herausforderungen wie zum Beispiel für das Forschungsdatenmanagement oder die Internationalisierung finden und Strukturen schaffen, mit denen wir vorankommen und in der Forschungscommunity mithalten können.“
Es geht aber auch umgekehrt – wie bei der Arbeitsgruppe zur Künstlichen Intelligenz. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten sich zum Austausch bereits zusammen- geschlossen und sind dann auf Dr. Thoms zugekommen, um mit seiner Unterstützung den Kreis zu erweitern. „So finde ich das ideal“, schwärmt der 46-Jährige. „Die Forschungsziele und Kooperationen müssen ja aus der Wissenschaft heraus entstehen. Das Rektorat kann dabei nur unterstützen und aus einer möglichst ganzheitlichen – damit zwangsläufig zunächst aber auch immer oberflächlichen – Perspektive heraus Impulse setzen.“ Gemeinsam mit den Forschenden werde dann überlegt, welche Aktivitäten sich verbinden lassen und wie das Thema über Disziplinen hinweg vorangebracht werden kann.
Die ersten beiden Round Tables gab es übrigens bereits im Juli 2018 als logische Fortsetzung aus den schon im Vorjahr angelaufenen University Clubs. In diesem Format hatten die Fakultäten und außeruniversitären Partner der OVGU sich gegenseitig ihre Forschungsthemen vorgestellt. „Die University Clubs ermöglichen einen sehr schönen ersten Überblick über die Forschung der einzelnen Bereiche – gefolgt von individuellen Diskussionen, aus denen idealerweise Kooperationen entstehen. Das wollen wir auf jeden Fall fortsetzen“, erklärt Dr. Thoms. Darüber hinaus bedarf es aber intensiver, moderierter Diskussionsrunden zu konkreten Themen, bei denen gezielt Forschungsperspektiven zusammengeführt werden, um gemeinsame Zielstellungen zu erarbeiten – genau dafür wurden die Round Tables ins Leben gerufen. „Die Ergebnisse aus diesen Brainstormings müssen sich nun institutionalisieren. Wir müssen hierbei auch die Dynamik aus den OVGU-Initiativen zur Exzellenzstrategie, den neuen Zentren und den zentrenverbindenden Profilbereichen nutzen und sie in zukunftsweisende, vernetzende Strukturen bringen.“ Wichtige Elemente sieht Dr. Thoms zum Beispiel in kooperationsfördernden Core Facilities und in einem gut organisierten Forschungsdatenmanagement, das gezielt den Datenaustausch innerhalb von interdisziplinären Bündnissen stärkt. Aber auch im strategischen Ausbau bedeutender Forschungsschnittstellen durch co-betreute Promotionen, Nachwuchsgruppen und brückenbildende Berufungen, die bestehende Stärken der Universität verbinden, um an unserem „mittelgroßen“ Forschungsstandort Großes zu leisten.