Zertifikatskurs für seiteneinsteigende Lehrkräfte an der Uni Magdeburg
Der Mangel an qualifizierten Lehrkräften hat in den letzten Jahren bundesweit weiter zugenommen und ist zu einem ernsthaften Problem für das Bildungssystem geworden. Umso wichtiger ist es, Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern. Wolfram Richter wollte etwas gegen den Lehrkräftemangel tun – und entschied sich für den Seiteneinstieg. „Im Sommer 2020 gab es das Problem an der Schule meines Sohnes, dass viel Unterricht ausgefallen ist“, erinnert er sich. Um auf die geringe Unterrichtsauslastung aufmerksam zu machen, wendete sich der Elternbeirat an den damaligen Bildungsminister des Landes Sachsen-Anhalt. Die Antwort war ein Hilferuf an die Elternschaft.
„In dem Schreiben hieß es, dass dringend Fachkräfte benötigt würden und dort wurde auch auf das Seiteneinsteiger-Programm hingewiesen“, erzählt Wolfram Richter. Er sagt weiter: „Zum gleichen Zeitpunkt hatte ich auf Arbeit ein Mitarbeitergespräch, dass mich nicht zufrieden gestellt hat. Also habe ich mich erkundigt, wie dieses Programm ablaufen würde“. Nach dieser Anfrage verließ der 41-Jährige schließlich seine mehrjährige Anstellung als Ingenieur in einem Ingenieursbüro und begann seine Karriere als Lehrkraft. Da Wolfram Richter eine abgeschlossene Berufsausbildung als Koch und ein Hochschulstudium in Lebensmitteltechnologie vorweisen konnte, sowie alle anderen Einstellungsvoraussetzungen erfüllte, konnte er sich auf Stellenausschreibungen an Schulen bewerben. Schlussendlich wurde er an einer Ganztagsschule in Wolmirstedt angenommen, an der er seitdem unter anderem Technik und Hauswirtschaft unterrichtet.
Wolfram Richter (Foto: Hannah Theile / Uni Magdeburg)
Der Übergang von der Hospitation bis hin zum eigenen Unterricht verlief fließend und ohne Probleme. „Die Probezeit von einem Jahr scheint anfangs sehr lang und mag eventuell einige Interessierte abschrecken. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass dazwischen auch immer wieder Ferien sind. So hat man dann genügend Zeit, um zu schauen, ob der Lehrerberuf auch das ist, was man sich vorgestellt hat“, erklärt er. Nach der Einarbeitung an seiner Schule, wurde der 41-Jährige durch eine Kollegin auf den Zertifikatskurs für seiteneinsteigende Lehrkräfte an der Uni Magdeburg aufmerksam. „Hauswirtschaft ist ein tolles Fach, allerdings möchte ich zukünftig auch ein Hauptfach unterrichten können. Darum habe ich mich für Mathematik entschieden“, sagt der Lehrer. Der Zertifikatskurs findet berufsbegleitend statt und dauert für Lehrkräfte an Sekundarschulen circa 2 Jahre. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterrichten während dieser Zeit weiter an ihren Schulen und werden einen Tag der Woche für den Studientag freigestellt.
Seit einem Jahr studiert Wolfram Richter nun schon berufsbegleitend und ist in seinem neuen Job sehr zufrieden. „Natürlich kann man in der freien Wirtschaft durchaus mehr Geld verdienen, aber darum geht es mir nicht. Ich habe so viel Lebensqualität dazugewonnen. Es ist ein schönes Gefühl nach Hause zu kommen und zu wissen, dass man den Kindern etwas beigebracht hat“, sagt er. Das Studium empfindet er als herausfordernd, aber schaffbar. „Zu den Vorlesungen kommen dann noch Übungen und Belegarbeiten dazu. Die Studieninhalte sind sehr vielfältig – von Bildungswissenschaften bis hin zu Analysis ist alles dabei“.
Damit sollen die Lehrkräfte sowohl fachwissenschaftliche als auch fachdidaktische Kenntnisse erwerben, um in der Lage zu sein, wissenschaftsfundierten Mathematikunterricht zu erteilen. „Das, was uns im Studium vermittelt wird, geht über das Abitur-Niveau hinaus. Ich werde nicht alles, was ich hier lerne, an meine Schülerinnen und Schüler weitergeben. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Methodik in die Vorlesungen einfließt, so dass ich auch weiß, wie ich das den Kindern beibringe“, sagt Wolfram Richter. Neben den fachlichen Komponenten sind Persönlichkeitsmerkmale wie Empathie und Einfühlungsvermögen im Berufsalltag sehr wichtig, wie der Lehrer bestätigen kann: „Es ist wichtig, dass Lehrende die Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen verstehen und sich darin hineinversetzen können. Da ich einen Teenager zu Hause habe, kann ich das sehr gut nachvollziehen“, sagt er lächelnd.
Alle Interessierten, die überlegen den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf zu wagen, kann Wolfram Richter nur darin bestärken, denn „die intrinsische Motivation ist das Wichtigste. Die fehlenden fachlichen Kenntnisse kann man sich aneignen. Dafür gibt es schließlich Weiterbildungsmöglichkeiten wie die Zertifikatskurse an der Uni Magdeburg“. Interessierte, die mehr über den Seiteneinstieg und den Zertifikatskurs wissen wollen, finden hier weiterführende Informationen. Am 21. Mai 2024 wird es auch einen Schnuppertag für seiteneinsteigende Lehrkräfte an der Uni Magdeburg in den Fächern Mathematik und Physik geben. Dort können sich Interessierte über die Studieninhalte informieren und Fragen stellen.