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Porträt Katharina Schubert
28.02.2024 aus 
Forschung + Transfer
Gemeinsam stark für Seltene Erkrankungen

Seit einem Jahrzehnt setzt das Mitteldeutsche Kompetenznetz Seltener Erkrankungen (MKSE) Maßstäbe in der Unterstützung von Menschen, die mit Seltenen Krankheiten konfrontiert sind. Das Jubiläum markiert nicht nur eine Dekade engagierter Arbeit, sondern auch bedeutende Fortschritte in der Forschung, Patientenbetreuung und interdisziplinären Zusammenarbeit. Dr. med. Katharina Schubert arbeitet seit 2016 als Ärztliche Lotsin in dem Netzwerk, das von der Universitätsmedizin Magdeburg koordiniert wird. Im Interview erzählt sie über die Arbeit des MKSE und gibt einen Ausblick auf die kommenden Jahre.

Frau Dr. Schubert, was ist das „Mitteldeutsche Kompetenznetz Seltener Erkrankungen“ und was sind die Aufgaben und Ziele?

Das Mitteldeutsche Kompetenznetz Seltene Erkrankungen (MKSE) ist eines von mehr als 30 Zentren für Seltene Erkrankungen in Deutschland. Als selten gilt eine Erkrankung, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen davon betroffen sind. Es sind ca. 8.000 Seltene Erkrankungen bekannt. Von manchen dieser Erkrankungen gibt es weltweit nur wenige Betroffene. Die Aufgabe des MKSE ist es, die besondere fachliche Expertise rund um Seltene Erkrankungen am Standort zu bündeln und Ansprechpartner zu sein für ärztliche Kollegen und auch Patienten bei einer bekannten Seltenen Erkrankung oder dem Verdacht auf eine Seltene bzw. unerkannte Erkrankung.

Begleiten Sie die Patienten auch im weiteren Verlauf der Krankheit?

Je nach gestellter Diagnose werden die Patienten für die Weiterbehandlung an entsprechende Fachzentren verwiesen. Einer kontinuierlichen Begleitung können wir aus Kapazitätsgründen nicht gerecht werden, jedoch stehen wir auch nach der Aufarbeitung des Falles immer für Rücksprachen zur Verfügung und bemühen uns bei konkreten Anliegen um Hilfestellung.

Gibt es einen speziellen Fall, der Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist, von dem Sie erzählen möchten?

Wir konnten auch einer 80-jährigen Patientin noch nach jahrelangen Schmerzen durch die gezielt genetische Diagnostik zur Diagnose verhelfen. Durch die Anbindung an eine auf diese Form der Erkrankung spezialisierte Sprechstunde konnte ihr mit Beginn der notwendigen Therapie eine deutliche Schmerzlinderung und Besserung der Lebensqualität ermöglicht werden.

Vor zehn Jahren wurde das MKSE gegründet. Sie sind seit mittlerweile 8 Jahren dabei, können Sie sich an die Anfänge erinnern? Welche Herausforderungen gab es damals und wie hat sich die Organisation seitdem entwickelt?

Als ich die Stelle angenommen habe, war ich am MKSE die einzige festangestellte Mitarbeiterin. Alle anfallenden Aufgaben, die sich zu der Zeit hauptsächlich auf die Bearbeitung von Patientenanfragen fokussierten, habe ich alleine übernommen. Mittlerweile ist das Team gewachsen und wird neben unserer Strukturkoordinatorin Karola Zenker und unserer Administrativen Lotsin Alexandra Sroka als feste Konstanten unserer zentralen Koordinierungsstelle durch Study Nurses, Hiwis und Doktoranden unterstützt. Neben der fortlaufenden Bearbeitung von Patientenanfragen mit dem Verdacht auf eine Seltene oder unerkannte Erkrankung haben sich die Koordinierung verschiedener Studien und die Vernetzung insbesondere im Bereich seltener pädiatrischen Erkrankungen als feste Säulen etabliert.

Welche Herausforderungen bringt Ihre Arbeit mit sich?

Am MKSE erreichen uns Anfragen aller Altersgruppen mit verschiedensten Symptomen alle Organsysteme betreffend. Viele Anfragen erfordern bei komplexer Symptomatik eine fächerübergreifende Betrachtung mit Diskussion immer wieder neuer Differentialdiagnosen und manchmal auch Mut, bereits vorliegende Befunde oder Diagnosen nochmal kritisch zu hinterfragen.

Eine weitere Herausforderung für unser Team ist die Vernetzung mit den Kliniken hier an der Universitätsmedizin in Magdeburg, in ganz Sachsen-Anhalt sowie mit den Hausärzten des Landes. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Angebote des MKSE und der Mehrwert für Patientinnen und Patienten und deren Behandler durch unsere gemeinsame Arbeit noch bekannter gemacht werden kann.

Wie sieht die Vision des MKSE für die nächsten zehn Jahre aus? Welche Ziele hat die Organisation in Bezug auf die Unterstützung von Menschen mit seltenen Erkrankungen?

Wir begrüßen für die Zukunft eine Verstetigung der geschaffenen Strukturen mit sicherer Finanzierung. Das bisher oft ehrenamtliche Engagement Einzelner muss unter Anerkennung des zusätzlichen Aufwands in stationären und ambulanten Abläufen angemessen abgebildet werden. Nur so können wir langfristig die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit einer Seltenen Erkrankung weiter verbessern und die Wege zur richtigen Diagnose verkürzen.

Ich persönlich würde mir wünschen, dass wir unter Aufstockung der personellen Ressourcen zukünftig auch die Begleitung der psychosozialen Herausforderungen für Menschen mit Seltenen Erkrankungen als Aufgabe des MKSE implementieren können.

Zum Abschluss des Interviews, welche Botschaft möchten Sie an die Gemeinschaft der Menschen mit seltenen Erkrankungen, deren Familien und Unterstützer senden?

Kommen Sie zu uns! Wir lotsen Sie an die richtige Stelle im System.

Vielen Dank, wir wünschen alles Gute für die nächsten 10 Jahre!

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Autor:in: Laura Lehmann